Die Arbeitsgemeinschaft für Forschung und Atempädagogik und Atemtherapie wurde 1958 von Ärzten (z. B. Dr. Schmitt: Lehrbuch Atemheilkunst ) und Atemlehrerinnen entwickelt, um ein eigenständiges Arbeitsfeld zur Gesundheitserziehung und Prophylaxe im Gesundheitswesen zu gründen.
Atem und Bewegung gehören zu den Grundlagen des Lebens und sind von Natur aus eng miteinander verbunden. Durch Atem und Bewegung können sowohl die Gesundheit und die Entwicklung des Menschen gefördert, als auch die Behandlung von Störungen und Erkrankungen unterstützend begleitet werden.
Der Siegeszug der Naturwissenschaft und der damit verbundenen neuen Denkweise mit einhergehender Trennung von Körper, Seele und Geist führte dazu, dass der Atem als Heilmittel in Europa vorübergehend vergessen schien.
In asiatischen Kulturen hingegen hat der Atem in seiner über 2000 Jahre alten Geschichte immer seinen festen Platz in der Gesundheitsprophylaxe behalten.
Der Atemfluss in Bewegungsübungen des Tai Chi oder Chi Gong, die Kontrolle und Lenkung des Atems des indischen Yoga sowie Atemübungen in buddhistischen Meditationspraxen sind lange bekannt.
Aber auch in westlichen Kulturen gibt es dieses alte Wissen um die heilsame Wirkung der Achtsamkeit in Atem und Bewegung. Wir erinnern uns an den Odem, der sowohl Atem als auch Seele meint oder an Pneuma (griech.) für Hauch und Seele.
Die Freundin des bekannten Dichters Rilke, Marina Zwetajewa, hat es so ausgedrückt....
,, denn was ist Atem, wenn nicht der Rhythmus der Seele?"
Schon Paracelsus bekundete sein Wissen über den Atem: ,,Das Kraut des Internisten und das Messer des Chirurgen heilen von außen, doch der Atem heilt von innen. Alle Heilung geht durch den Atem."
Die moderne europäische Atemtherapie begann in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts und entstand durch persönliche und professionelle Kontakte von Psychologen, Ärzten, Gymnastiklehrern und Sängern. Das Ziel der meist weiblichen Forscherinnen war es, dem rein funktionellen Körperverständnis einen sanften und individuellen Ausdruck zu verleihen.
In der Haltung von Sammlung, Hingabe und Achtsamkeit kann der bewusste Atem die körperliche und seelisch-geistige Haltung eines Menschen erfahrbar machen. So spricht Prof. Ilse Middendorf von dem Erfahrbaren Atem und der Arbeit am ,,Leitseil des Atems", das den Menschen in den tiefsten Schichten seines So-Seins wahr - und annehmen lässt, und in denen die Kräfte der Heilung angelegt sind.
Durch Forschung und intensive Kontakte u.a. durch den Arzt und bedeutenden Atemlehrer Cornelius Veening und den Psychotherapeuten G. R. Heyer begann die atembezogene Seelenheilkunde als eigenständiger atempsychologischer Weg.
Der Erfahrbare Atem lehnt sich an das Jungsche Modell der Typenlehre an mit der Unterscheidung von Fühlen und Empfinden, um Klarheit der verschiedenen Seelenfunktionen bewusst zu machen.
C.G. Jung arbeitete mit Bildern des Traumes, die - wie der innere Atem - einmal ins Bewusstsein gebracht - stärkend und lebenstragend sind.
In unserer Arbeit wird deutlich, dass wir weder an die Atmung und den Gasaustausch der Lungen, noch an zu erlernende Techniken denken.
Es geht bei dem Erfahrbaren und bewusst zugelassenen Atem um das Erlernen der körpereigenen Wahrnehmung, der von der Zwerchfelltätigkeit ausgelösten Schwingung von weit und schmal, die den ganzen Körper anspricht und spürbar macht.
Der sich einlassende Mensch erführt eine neue Gestimmtheit, einen guten Muskeltonus, Kraft in Stimme, Aufrichtung und somit Ruhe und mehr Lebensfreude in wachsender Bewusstheit und Klarheit.
Die Atemarbeit wird meist in Einzelpraxen angeboten, hat ebenso ihren festen Platz in Schmerz - Kur - und Rehakliniken und psychosomatischen Einrichtungen.
Atem BV-Atem wird wissenschaftlich erforscht zur Bestätigung der Wirksamkeit: siehe unter Atem BV -Atemtherapie
Foto: Andreas Crüsemann, Essen
Die leisen Kräfte sind es, die das Leben tragen. (Guardini)